Servus, München! Warum ich mich wieder für Ulm entschieden habe.

Drei Monate Work & Travel in Neuseeland neigten sich dem Ende zu und die Frage "Wohin danach?" wurde immer präsenter. Nach Ulm zurück? Irgendwie nach einer solchen Reise bis ans andere Ende der Welt und nach einem Studium, nachdem dir gefühlt alle Türen offen stehen, undenkbar. Erstmal ein Volontariat im Journalismus oder in der PR machen, das war der Plan. Und dafür wollte ich weg, in eine Großstadt.

Das Jobangebot einer Unternehmensberatung in der Münchner Maximilianstraße hat sich damals wie ein Karriere-Jackpot angefühlt. Also zog ich nach Johanneskirchen in den Stadtteil Bogenhausen in eine 4er-WG, im 6. Stock mit großem Zimmer und Balkon. Meine Studentenmiete damals in Heidenheim war ungefähr halb so teuer, aber hey, dafür war ich in München. Und es fühlte sich einfach toll an! All die schicken Menschen und die vielen Restaurants und Cafés, Partys, Konzerte. Freunde und Familie, die mich hier besuchten, führte ich stolz durch die pulsierende Innenstadt. Ich liebte das Großstadt-Flair und kam mir dabei ganz schön groß vor.

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Mein Freund kam ein halbes Jahr später nach München nach und wir zogen in eine kleine, hübsche Wohnung in Schwabing. Zwei Zimmer, Küche, Bad auf 45m². Unsere erste gemeinsame Wohnung, ein echter Glücksgriff und für München ein wahres Schnäppchen. Vermittelt von einer damaligen Kollegin für 650 € Miete im Monat wurden wir von unseren Freunden oft dafür beneidet. Wir wohnten unsere gesamte Zeit in München dort. Es ist nicht so, als hätten wir uns in den letzten sieben Jahren nie nach etwas Größerem umgeschaut. Aber München und erschwingliche Mieten…wir haben es schlichtweg als "alte Schwoaba" nicht eingesehen für 15m ² mehr die doppelte Miete zu bezahlen.

Schwabing ist einfach schön  – die hübschen Häuserfassaden, der Luitpoldpark direkt vor der Tür, im Sommer durch die Maxvorstadt radeln und sich abends auf einen Drink in der Türkenstraße treffen, grillen an der Isar, shoppen in der Hohenzollernstraße, aufs Tollwood gehen, über die Märkte schlendern, für die ich die letzten drei Jahre das Marketing machen durfte, ein kühles Radler trinken in einem der vielen, urigen Biergärten. Ich entdeckte so langsam auch die Gemütlichkeit, dieses Münchner Lebensgefühl, von dem alle sprechen.

Momente in denen ich dir, liebes München, sehr nah war und in denen du es fast geschafft hättest, mein Herz zu erobern. Aber es gab auch Seiten an dir, die ich nicht mochte und die ich umso klarer gesehen habe, nachdem ich wieder häufiger zu Hause war, in meiner Heimat…Ulm. Deine Hektik, der Geräuschpegel, volle U-Bahnen, alles anonym und teilweise schon versnobt. Alles was ich am Anfang irgendwie toll und aufregend fand, hat mich mit der Zeit auch auf eine Weise belastet. Ich sehnte mich nach mehr Ruhe, nach einem langsameren Tempo, irgendwie nach einem Wir-Gefühl mit den Menschen, die in der selben Stadt wohnen, nach dem schwäbischen Dialekt, der einen manchmal peinlich berührt und gleichzeitig ein wohliges Gefühl von Heimat auslöst. Und ich floh an den Wochenenden deshalb regelrecht nach Ulm und gründete einen Stadtblog: inULM.

Mittlerweile bin ich gerne wieder zu Besuch in München und ja, manchmal fehlt mir die Lebendigkeit der Großstadt sogar. Die Möglichkeiten sind natürlich nicht vergleichbar in Ulm, aber sind wir mal ehrlich – man geht auch nicht jeden Tag auf ein Konzert oder Essen und wenn man aktiv sein will, dann bietet Ulm für die Größe sehr viel.

Viele unserer immer noch besten Freunde aus der Schulzeit sind wieder aus unterschiedlichen Städten in Deutschland zurückgezogen. Auch ein Grund, weshalb wir unseren Platz wieder mehr und mehr in Ulm gesehen haben und letztes Jahr dann den Entschluss gefasst haben, wieder hierher zu ziehen. Man sagt ja Heimat sei kein Ort, Heimat sei ein Gefühl. Für mich ist es das Gefühl, in Ulm endlich angekommen zu sein.